Übersicht: Wer muss barrierefrei sein?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) 2025 betrifft viele Unternehmen und öffentliche Stellen, doch nicht alle sind gleichermaßen verpflichtet. Unsere Übersichtstabelle zeigt Ihnen auf einen Blick, welche Kriterien entscheidend sind und ob Ihre Website oder Ihr Webshop barrierefrei gestaltet werden muss.

Muss Ihre Website barrierefrei sein? Finden Sie es heraus!

Nicht alle Unternehmen und Organisationen sind gleichermaßen zur Umsetzung der Barrierefreiheit verpflichtet. Die gesetzlichen Vorgaben hängen von verschiedenen Faktoren ab – von der Art Ihrer Organisation über die Zielgruppe Ihrer Website bis hin zu den angebotenen Produkten und Dienstleistungen.

Um Ihnen die Einschätzung zu erleichtern, haben wir ein Flowchart erstellt. Beantworten Sie Schritt für Schritt die relevanten Fragen und erhalten Sie am Ende eine klare Antwort darauf, ob Ihre Website barrierefrei sein muss.

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Detaillierte Übersicht der Kriterien

Unsere Tabelle bietet Ihnen eine umfassende Übersicht über die relevanten Kriterien zur Barrierefreiheit. Sie soll Ihnen dabei helfen, die einzelnen Aspekte besser zu verstehen und einzuordnen.

Nutzen Sie das oben stehende Flowchart, um eine gute Einschätzung zu Ihrer individuellen Verpflichtung zu erhalten. Die Tabelle dient als zusätzliche Orientierungshilfe, um sich gezielt mit den einzelnen Faktoren auseinanderzusetzen.

KriteriumMuss barrierefrei seinMuss nicht barrierefrei sein

Anzahl der Mitarbeiter

Das BFSG zielt auf mittelständische und größere Unternehmen ab, die Verbraucher ansprechen.

Unternehmen mit mehr als 10 MitarbeiternUnternehmen mit 10 oder weniger Mitarbeitern

Geschäftsmodell

Nur Angebote, die direkt an Endverbraucher gerichtet sind, fallen unter das Gesetz.

B2C (Business-to-Consumer), z. B. Onlineshops, Banken, VersicherungenB2B (Business-to-Business), z. B. Großhandel ohne Endverbraucherkontakt

Jahresumsatz

Die Umsatzgrenze ergänzt die Mitarbeiterregelung, um wirtschaftlich relevante Unternehmen zu erfassen.

Über 2 Mio. EuroBis zu 2 Mio. Euro

Art der Webseite/Inhalte

Alles, was öffentlich für Verbraucher zugänglich ist, muss barrierefrei gestaltet sein.

Öffentlich zugängliche Webseiten, Apps und PlattformenInterne Tools, Portale oder Anwendungen, die nur Mitarbeitenden zugänglich sind

Zielgruppe der Webseite

Der Verbraucherschutz steht im Mittelpunkt des Gesetzes.

Endverbraucher (Privatpersonen), z. B. Onlineshops, BuchungsportaleNur andere Unternehmen, z. B. Plattformen für Geschäftskunden

Branche

Auch digitale Angebote in speziellen B2C-Branchen wie Banken oder Versicherungen sind umfasst.

Branchen mit hohem Endverbraucheranteil, z. B. Tourismus, Telekommunikation, GesundheitswesenBranchen ohne direkten Endverbraucherbezug, z. B. Maschinenbau

Öffentliche Stellen

Öffentliche Stellen sind uneingeschränkt verpflichtet, Barrierefreiheit umzusetzen.

Alle öffentlichen Stellen, z. B. Behörden, Universitäten, öffentliche VerkehrsbetriebeKeine

Produkt- und Dienstleistungsnutzung

Ziel ist, die Nutzung durch Verbraucher so inklusiv wie möglich zu machen.

Dienstleistungen, die von der Allgemeinheit genutzt werden, z. B. Zahlungsdienste, PersonenbeförderungDienstleistungen mit sehr eingeschränkter Zielgruppe, z. B. spezialisierte Geschäftsdienste

Art der Produkte

Digitale Zugänglichkeit steht im Fokus des Gesetzes.

Produkte mit digitalem Zugang, z. B. Software, Buchungsplattformen, OnlineshopsProdukte ohne digitalen Zugang, z. B. rein physische oder industrielle Güter

Mobile Apps

Apps gelten als gleichwertig zu Webseiten und müssen dieselben Standards erfüllen.

Apps, die öffentlich im App Store verfügbar sindInterne Unternehmens-Apps

E-Commerce

Auch kleinere E-Commerce-Angebote für Verbraucher fallen unter die Regelung, wenn die Umsatz- oder Mitarbeitergrenze greift.

Shops, die Waren oder Dienstleistungen an Verbraucher verkaufenGroßhandel oder Plattformen mit reiner B2B-Ausrichtung

Barrierefreiheit von PDFs

Auch PDF-Dokumente, die über Webseiten oder Apps bereitgestellt werden, müssen barrierefrei gestaltet sein.

Öffentlich zugängliche Dokumente, z. B. Rechnungen, Verträge, ProduktbeschreibungenInterne Dokumente ohne öffentlichen Zugang

Multimedia-Inhalte

Videos und Audios müssen z. B. mit Untertiteln, Audiodeskriptionen oder anderen Hilfsmitteln ausgestattet sein.

Videos, Audioinhalte oder Livestreams mit VerbraucherrelevanzInterne Videos ohne öffentlichen Zugang

Ausnahmen

Die Nachweispflicht liegt beim Unternehmen und muss konkret dokumentiert werden.

Wenn die Umsetzung unverhältnismäßig aufwendig ist, z. B. für sehr kleine UnternehmenKeine Verpflichtung bei nachweislicher Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit

Technologieabhängigkeit

Die digitale Zugänglichkeit ist ein zentraler Punkt des BFSG.

Unternehmen, die Technologien wie Websites, Apps oder digitale Plattformen als primäre Verkaufs- oder Kontaktkanäle nutzenUnternehmen, deren Angebote vollständig offline oder ohne digitale Zugänglichkeit angeboten werden

Erläuterungen zur Tabelle

Wenn sich aus verschiedenen Kriterien widersprüchliche Hinweise ergeben, ob eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit nach dem BFSG 2025 besteht, sollten Sie die folgenden Aspekte zur Beurteilung heranziehen:

1. Gesetzliche Vorgaben priorisieren

Die gesetzlichen Anforderungen des BFSG basieren auf verbindlichen Schwellenwerten, wie der Anzahl der Mitarbeiter oder dem Jahresumsatz. Diese Kriterien sind vorrangig und müssen immer beachtet werden:

  • Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von über 2 Mio. Euro sind verpflichtet.
  • Kleinere Unternehmen oder solche, die die Umsatzschwelle nicht erreichen, sind ausgenommen, es sei denn, sie bieten öffentliche Dienstleistungen an.

Beispiel:
Ihr Unternehmen hat 8 Mitarbeiter, richtet sich aber an Endverbraucher (B2C). In diesem Fall greift die Umsatzschwelle: Liegt Ihr Umsatz über 2 Mio. Euro, besteht die Verpflichtung zur Barrierefreiheit.

2. Zielgruppe der Webseite

Ein weiterer zentraler Faktor ist die Zielgruppe Ihrer Webseite:

  • Websites, die für Endverbraucher (B2C) bestimmt sind, müssen barrierefrei gestaltet werden.
  • Reine B2B-Plattformen (ohne Verbraucherzugang) fallen in der Regel nicht unter die Verpflichtung.

Beispiel:
Eine Großhandelsplattform für Geschäftskunden (B2B) ist nicht betroffen, selbst wenn sie mehr als 10 Mitarbeiter hat. Eine E-Commerce-Seite für Verbraucher (B2C) hingegen schon.

3. Art der Inhalte und Dienstleistungen

Die Verpflichtung zur Barrierefreiheit hängt auch von der öffentlichen Zugänglichkeit und Relevanz Ihrer Inhalte oder Dienstleistungen ab:

  • Inhalte, die öffentlich zugänglich sind und häufig genutzt werden (z. B. Online-Shops, Buchungsplattformen), müssen barrierefrei sein.
  • Interne Tools, Portale oder Nischenangebote sind in der Regel ausgenommen.

Beispiel:
Ein öffentliches Reisebuchungsportal muss barrierefrei sein, während ein internes Buchungssystem für Mitarbeiter nicht unter das Gesetz fällt.

4. Unverhältnismäßigkeitsregelung

Das BFSG erlaubt Ausnahmen, wenn die Umsetzung unverhältnismäßig ist. Dabei spielen wirtschaftliche, technische und organisatorische Faktoren eine Rolle:

  • Kleine Unternehmen können sich auf eine unverhältnismäßige Belastung berufen, müssen dies aber dokumentieren.
  • Auch größere Unternehmen können nachweisen, dass eine Umsetzung technisch oder finanziell nicht möglich ist.

Beispiel:
Ein Start-up mit 12 Mitarbeitern und minimalem Jahresumsatz könnte dokumentieren, dass die Umsetzung der Barrierefreiheit eine unzumutbare finanzielle Belastung darstellt.

5. Einzelfallprüfung bei widersprüchlichen Kriterien

Wenn widersprüchliche Kriterien vorliegen, sollte eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden. Dabei helfen folgende Schritte:

  • Prüfen Sie die gesetzlichen Anforderungen zuerst (Mitarbeiterzahl, Umsatz, B2C/B2B).
  • Beachten Sie spezifische Ausnahmen, z. B. für Branchen oder Dienstleistungen.
  • Berücksichtigen Sie die Unverhältnismäßigkeit, wenn Sie kleine oder mittelständische Unternehmen sind.
  • Dokumentieren Sie Ihre Entscheidung, um im Streitfall rechtssicher argumentieren zu können.

Fazit

Bei widersprüchlichen Kriterien gilt:

  1. Gesetzliche Vorgaben (z. B. Mitarbeiterzahl und Umsatz) haben höchste Priorität.
  2. Die Zielgruppe und Art der Inhalte entscheiden, ob eine Verpflichtung besteht.
  3. Die Unverhältnismäßigkeitsregelung bietet Spielraum, muss aber gut dokumentiert werden.

Wenn Sie unsicher sind, empfiehlt es sich, eine Rechtsberatung oder Experten für Barrierefreiheit hinzuzuziehen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.