Katrin Ivanova Tabea Bieber
01.04.2025

Lesezeit: 9 Minuten

Tools für Web-Barrierefreiheit: 4 Lösungen im Praxis-Check

Grafik mit Barrierefrei-Männchen-Icon, eingefasst in eine Art Scan-Icon

Digitale Barrierefreiheit ist für Unternehmen und Website-Betreiber nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch ein Zeichen für Inklusion und Nutzerfreundlichkeit. Doch mit welchen Tools lässt sich die Barrierefreiheit einer Website am besten überprüfen und optimieren? In diesem Blogbeitrag stellen wir verschiedene Tools für die Prüfung der Web-Barrierefreiheit vor, vergleichen ihre Funktionen und zeigen, welches Tool für welche Anwendungsfälle am besten geeignet ist.

Web-Barrierefreiheit prüfen – Experten-Check für Ihre Website

Inhaltsübersicht des Blogbeitrags

Die getesteten Tools im Überblick

Wir haben vier Tools miteinander verglichen, die sich in Funktionsweise, Herkunft und Preismodellen unterscheiden:

ToolHerkunftKostenlos nutzbar?Serverstandort
SilktideUK✅ Ja, Browser-ExtensionNicht-EU
Eye-AbleDeutschland❌ EingeschränktDeutschland
WAVEUSA✅ JaNicht-EU
LighthouseGoogle, USA✅ Ja, Open SourceNicht-EU

Ist der Serverstandort wichtig?

In der EU unterliegen Unternehmen der DSGVO, die strenge Regeln zur Speicherung und Verarbeitung von Nutzerdaten vorschreibt. Das Tool Eye-Able ist hier im Vorteil, weil es in Deutschland gehostet wird. Silktide, WAVE und Lighthouse haben Server außerhalb der EU, was Datenschutzbeauftragte kritisch sehen könnten.

Besonders relevant, wenn:

Sie ein Tool nutzen möchten, das Daten speichert oder personenbezogene Informationen verarbeitet (z. B. bei Eye-Able mit der Formular-Anfrage für den Testbericht).
Ihr Unternehmen oder Ihre Organisation hohe Datenschutzanforderungen hat.

Weniger relevant, wenn:

Das Tool keine personenbezogenen Daten speichert, sondern nur eine öffentliche Website analysiert (z. B. Lighthouse oder WAVE).
Die Analyse nur lokal im Browser abläuft, ohne dass Daten auf externe Server übertragen werden.

Vergleich der Funktionen

FunktionSilktideEye-AbleWAVELighthouse
Seitenübergreifende Analyse✅ (nur Pro-Version)✅ (nur über Anfrage oder Bezahlversion)
Browser-Erweiterung✅ (nur für Nutzer-Einstellungen)✅ (von Haus aus direkt in Chrome integriert)
Automatische Fehleranalyse✅ (mit Einschränkungen)
Möglichkeit für den Websitebesucher, Darstellung der Website an seine Anforderungen anpassen (wie Schriftgröße, Kontraste o.Ä.)
Farbkontrastprüfung
Geräteübergreifende Analyse✅ (nur Pro-Version)✅ (nur Pro-Version)✅ (mobil und Desktop)
Unterstützung für WCAG-Level A / AA / AAA
Berichte / Dashboard*✅ (nur Pro-Version)✅ (nur Pro-Version)
Dokumenten-Testing (PDF, Word, etc.)✅ (nur Pro-Version)✅ (nur Pro-Version)
Testbarkeit vor Livegang✅ (nur Pro-Version)✅ (nur über Anfrage oder Bezahlversion)✅ (wenn über den Browser aufrufbar)

*mit Berichte/Dashboard ist gemeint, dass eine zentral zugängliche Weboberfläche, die mit allen erkannten Fehlern bereitgestellt wird …

  • … Fehlerverläufe oder Fortschritte über die Zeit dokumentiert,
  • … Exportfunktionen (z. B. als PDF oder CSV) anbietet,
  • … Prioritäten, Zuständigkeiten oder Kategorisierungen innerhalb der Probleme zulässt.


Die Tools im Detail

Silktide – Leistungsstark und einfach nutzbar

Silktide Logo

Silktide ist ein umfangreiches Tool für Unternehmen und Entwickler, das sich besonders für größere Websites eignet. Es bietet eine kostenlose Browser-Erweiterung, mit der einzelne Webseiten direkt überprüft werden können. Die kostenpflichtige Version erlaubt seitenübergreifende Analysen, Berichte und Priorisierungen.

Stärken (kostenlose Version):

  • Einfach nutzbare Browser-Erweiterung
  • Gute Fehleranalyse auf Einzelseiten
  • Farbanalyse und grundlegende Barrierefreiheitsprüfung

Zusätzliche Stärken (Pro-Version):

  • Automatisierte seitenübergreifende Prüfungen
  • Berichte und Dashboards für Unternehmen
  • Dokumenten-Tests (PDF, Word, etc.)

Schwächen:

  • In der kostenlosen Version nur Einzelseiten-Analyse
  • Serverstandort außerhalb der EU

Fazit: 

Silktide ist eine starke Wahl, wenn man ein leistungsfähiges Test-Tool sucht. Besonders das kostenlose Browser-Plugin macht es für Einsteiger interessant.


Eye-Able – Nutzerfreundlichkeit trifft auf Fehleranalyse, aber mit Hürden

Eye-Able Logo

Eye-Able stammt aus Deutschland und bietet zwei zentrale Funktionen: Nutzer können Websites nach ihren Bedürfnissen anpassen (z. B. Kontraste, Farben, Schriftgrößen), und Entwickler können mit dem Audit-Tool Barrierefreiheitsfehler im Code erkennen.

Stärken (kostenlose Version):

  • Frontend-Anpassungen für Nutzer direkt auf der Website
  • Fehleranalyse für Entwickler und Unternehmen
  • Deutscher Serverstandort (DSGVO-konform)

⚠️ Einschränkungen der kostenlosen Version:

  • Seitenübergreifende Analysen sind nur über eine Formularanfrage möglich. Das bedeutet, dass man seine Daten hinterlassen und auf eine Rückmeldung warten muss.
  • Eine umfassendere Nutzung ist nur über eine 14-tägige Testversion möglich. Wer das Tool dauerhaft kostenfrei testen möchte, stößt hier schnell an Grenzen.
  • Die Browser-Erweiterung dient nur zur Anpassung der Website für Nutzer, nicht zur Analyse.

Zusätzliche Stärken (Pro-Version):

  • Dokumenten-Tests (PDF, Word, etc.)
  • Automatische Fehlerkorrekturen
  • Individuell anpassbare Berichte

Fazit: 

Eye-Able hat interessante Funktionen, aber die Hürden für eine sinnvolle kostenlose Nutzung sind hoch. Wer einen schnellen Test machen will, muss eine Anfrage senden, was es für spontane Analysen eher ungeeignet macht.


WAVE – Kostenlose Einzelseitenprüfung ohne Dashboard

WAVE-Logo

WAVE ist eine einfache Lösung zur Einzelseiten-Analyse. Die Browser-Erweiterung zeigt direkt auf einer Seite an, welche Barrierefreiheitsprobleme existieren.

Stärken:

  • Komplett kostenlos
  • Direkte visuelle Darstellung von Fehlern
  • Farbkontrast-Analyse inklusive

Schwächen:

  • Keine Seitenübergreifende Analyse
  • Kein Dashboard oder Berichte
  • Nicht DSGVO-konform (Server in den USA)

Fazit: 

WAVE ist gut für schnelle Einzeltests, aber für größere Unternehmen ungeeignet.


Lighthouse – Open Source für Entwickler

Lighthouse-Logo

Lighthouse ist ein kostenloses Open-Source-Tool von Google und prüft neben Barrierefreiheit auch SEO, Performance und Best Practices. Es richtet sich vor allem an Entwickler.

 ✅ Stärken:

  • Direkt in Chrome integriert
  • Kostenlos und Open Source
  • Unterstützt alle WCAG-Level

Schwächen:

  • Kein Dashboard oder Berichte
  • Nicht für Einsteiger geeignet

Fazit: 

Lighthouse ist ideal für Entwickler, aber weniger geeignet für Unternehmen ohne technisches Know-how.

Welches Tool ist das beste?

Tipp: Falls DSGVO-Konformität ein Thema ist, ist Eye-Able die beste Wahl, aber es hat Hürden in der kostenlosen Nutzung.

Es gibt nicht "das eine beste Tool", sondern verschiedene Lösungen für unterschiedliche Bedürfnisse.


Wie analysieren wir eine Website mit diesen Tools?

Die Analyse einer Website erfolgt je nach Tool auf unterschiedliche Weise. 
Hier sind die gängigsten Methoden:

1. Browser-Erweiterungen nutzen

  • Die gewünschte Website aufrufen.
  • Die Erweiterung aktivieren → Eine Übersicht der Fehler wird direkt auf der Seite markiert.

2. Online-Checks durchführen

  • Die URL der Website in das Analysetool eingeben.
  • Das Tool scannt die Seite und gibt eine Liste mit Fehlern und Verbesserungsvorschlägen aus.
  • Einige Tools priorisieren die Fehler und zeigen an, welche die größte Auswirkung auf die Barrierefreiheit haben.
  • Manche Tools (z. B. WAVE) zeigen farbliche Indikatoren, um Probleme hervorzuheben (z. B. mangelnde Kontraste oder fehlende Alternativtexte).

3. Automatisierte seitenübergreifende Tests nutzen

  • In kostenpflichtigen Versionen können mehrere Unterseiten gleichzeitig analysiert werden.
  • Die Ergebnisse werden in einem Dashboard mit Berichten aufbereitet.
  • Falls das Tool KI-gestützte Analysen bietet, werden konkrete Handlungsempfehlungen gegeben.
  • Diese Methoden helfen, Barrierefreiheitsprobleme zu identifizieren. Doch nach der Analyse folgt erst die eigentliche Umsetzung.

Barrierefreiheit ist ein kontinuierlicher Prozess

Die Analyse und Optimierung der Barrierefreiheit einer Website ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess. Die verschiedenen Tools bieten wertvolle Unterstützung, aber jedes hat seine eigenen Stärken und Schwächen. Während Silktide und Eye-Able sich besonders für Unternehmen eignen, die umfassende Prüfungen und Berichte benötigen, sind WAVE und Lighthouse nützliche Werkzeuge für schnelle Einzelanalysen und Entwickler.

Letztendlich hängt die Wahl des richtigen Tools davon ab, welche Anforderungen bestehen: Müssen viele Seiten geprüft werden? Ist eine DSGVO-konforme Lösung wichtig? Wird eine einfache Browser-Erweiterung benötigt oder eine tiefgehende technische Analyse?

Grafik von einem Dokument mit Checkliste und einem Zahnrad als Symbol für Einstellungen und zwei sich drehenden Pfeilen, die einen Prozess darstellen.

Unabhängig vom gewählten Tool gilt: Barrierefreiheit ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Sie verbessert nicht nur die Nutzererfahrung, sondern sorgt auch für eine inklusive digitale Welt. Regelmäßige Tests und gezielte Optimierungen sind der Schlüssel, um langfristig eine barrierefreie Website sicherzustellen.

Welche Tools nutzen Sie für die Barrierefreiheitsprüfung? Haben Sie bereits Erfahrungen mit einer bestimmten Lösung gemacht?

 

Digitale Barrieren beseitigen – Persönliche Beratung gewünscht?


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